Dienstag, 10. August 2010

Nachtrag zu Noynoy

Für die Deutschsprachigen habe ich etwas interessantes gefunden. In Hamburg gibt es im Giga (German Institute of Global and Area Studies) auch ein Institut für Asien-Studien. Ihre monatlich erscheinenden Publikation Giga-Focus beschäftigte sich im Juli mit dem Präsidentschaftswandel auf den Philippinen (Korte, Nina (2010): Die Philippinen haben gewählt: Präsident Benigno "Noynoy" Aquino III verspricht Wandel. Giga Focus 7/2010).
Der Artikel gibt eine gute Zusammenfassung über die Entwicklungen vor und während der Wahl, aber auch über die kaum überwindbaren Schwierigkeiten, die der Präsident meisten muss. Besonders schwer wiegen die fehlende, stabile Mehrheit in der Regierung sowie die weitverzweigten Funktionäre der alten Regierung bzw. die Korruption und Vetternwirtschaft an sich. Beamte, die bereits auf ihren Posten sitzen, können vor Ablauf ihrer Amtsperiode nur schwer ausgetauscht werden.
Auch Gloria Arroyo hat damals bei ihrer Wahl den Wandel versprochen, gehalten hat sie wirtschaftliche Versprechen nur oberflächlich - das könnt (neben der Wahlmanipulation) ihre zweite Amtsperiode erklären.
Nach fast zehnjähriger Arroyo-Regierung lässt sich feststellen, dass zwar die Wirtschaft kontinuierlich um durchschnittlich 5,5 Prozent jährlich gewachsen ist. Doch dieses Wachstum hat den Großteil der Bevölkerung nicht erreicht. Der Anteil der armen Bevölkerung hat zugenommen (Korte 2010: 2)
Loyalität bei Gesetzesentwürfen und in Amtsenthebungsversuchen soll sie sich durch Stellenvergabe und Staatsgelder erkauft haben.
Politiker berichteten, dass Arroyo ihr budgetäres Vetorecht zur Sicherung von Loyalitäten nutzte, indem sie oppositionellen Politikern Gelder verwehrte. Diese wurden stattdessen als Einsparungen verbucht, die dann wiederum zu diskretionären Mitteln der Präsidentin wurden. Mangelnde Transparenz erlaubt keinen eindeutigen Rückschluss auf die Ausgaben der Mittel (Korte 2010: 3)
Während der Wahl zählt Auftritt, Populismus und gegenseitige Diffamierung mehr als das tatsächliche Vorhaben. Erap setzte auf Reichtum (Kung May Erap, May Ginhawa), Villar auf Fleiß und Ausdauer (Sipag at tiyaga) und Aquino auf keine Korruption, keine Armut (Kung Walang Corrupt, Walang Mahirap) als Wahlversprechen.
Statt inhaltliche und konzeptionelle Aussagen zu treffen, unterhielten Kandidaten ihre potenziellen Wähler landesweit auf ihren Wahlkampfveranstaltungen mit Auftritten von Sängern, Tänzern, Schauspielern, Sportlern und/oder TV-Moderatoren. Wie bereits früher wurden an Teilnehmer T-Shirts, Essen und manchmal kleinere Geldbeträge zwischen 500 und 2.000 PHP (8-34 EUR) verteilt. (Korte 2010: 4)
Resignation schwingt in der Tatsache mit, dass 120 Tote während des Wahlkampfes (Januar bis Mai) schließlich weniger als im Vorjahr seien. Genauso wird sich auch kaum etwas am aristokratischen System der Philippinen ändern. Gerade diese Elite kann ihnen wirtschaftlich- und politisch schädlichen Reformen blockieren.
Es sollen etwa 200 Familien sein, die sich seit Jahrzehnten mit illustren Persönlichkeiten wie Entertainern und Sportlern die politische und wirtschaftliche Macht teilen. Mindestens 60 Pro- zent der Sitze im Repräsentantenhaus und etwa 70 Prozent der Sitze im Senat werden durch diese Familien besetzt. Auf lokaler Ebene ist von einer noch stärkeren Dominanz auszugehen. Politische Ämter werden nahezu als Familienbesitz verstanden und „vererbt“. Ein Beispiel ist das Bürger- meisteramt Makati Citys, dem Wirtschafts- und Finanzzentrum der Philippinen. In den Jahren von 1986 bis 1998 wurde es vom jetzigen Vizeprä-sidenten Binay ausgefüllt, von 1998 bis 2001 von seiner Frau vorübergehend besetzt, 2001-2010 wie- der von ihm übernommen und im Jahr 2010 sei- nem Sohn überlassen. Durch den Austausch von Posten unter Familienmitgliedern ist es möglich, Amtszeitbegrenzungen zu umgehen. (Korte 2010: 6)

1 Kommentar:

  1. Ich war damals kurz vor den Wahlen dort und fand es teilweise einfach nur krass, wie groß die Korruption auf den Philippinen ist; offener Stimmenkauf zählt da noch zu den harmloseren Sachen. Lustig war die Geschichte von GMA, die von längst Verstorbenen auf Mindanao "gewählt" wurde. Auch von dem neuen Präsidenten ist im Prinzip kein großer Wandel zu erwarten, die Clique rund um die reichsten Familien bleibt an der Macht

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